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Mentorengruppe Nürnberg

Mentorengruppe Nürnberg

„Der 10. August war ein aufregender Tag“, erinnert sich Andrea-Charlotte Lechner (60), Koordinatorin der Mentorengruppe Nürnberg. „Wir haben in einem Aufenthaltsraum der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Doberlug-Kirchhain (Brandenburg) auf die Familie gewartet. Das erste Aufeinandertreffen war sehr positiv, jeder hat den anderen angelacht. Wenn man auf ein offenes Gesicht trifft, hilft das für den Anfang schon sehr viel.

Die Fahrt nach Nürnberg dauerte ca. fünf Stunden. Weil wir kein Arabisch sprechen und auch kein Dolmetscher dabei war, hatte man uns zweisprachige Karten vorbereitet. Im Notfall hätten wir uns aber auch mit Google Translate verständigen können.

Unsere Mentorengruppe hat im Jahr 2019 zusammengefunden. Ich war von der Idee so begeistert, dass ich die Koordination der Gruppe übernommen habe. Da eine Mentorengruppe aus mindestens vier Mitgliedern besteht, braucht es eine Ansprechpartner:in. Das habe ich gerne übernommen.

Anfangs hat sich unsere Mentorengruppe beispielsweise zum Picknick getroffen und dort haben wir über unsere Erwartungen, aber auch über eventuelle Befürchtungen gesprochen. Diese persönlichen Treffen waren uns sehr wichtig.

Als klar war, dass die Familie Bahar einreisen würden, haben wir eine Art Mindmap erstellt. Das war wichtig, um zu schauen, wer welche besonderen Kenntnisse oder Fähigkeiten hat, die er oder sie in die Gruppe einbringen kann. Und es ging, ganz klar, auch um Zeitreserven. Einige von uns sind berufstätig, andere haben ein kleines Geschäft oder sind im Ruhestand. Die Frage war: Wer kann was übernehmen bzw. wer kann wann für die Familie da sein?

Durch die ehrenamtliche Arbeit im Kontaktcafé, einem Projekt für Geflüchtete, kannten wir die unterschiedlichen Risiken von Fluchtwegen. Das NesT-Programm hingegen, sichert den Geflüchteten einen offiziellen Weg nach Deutschland zu kommen – ohne Schleuser oder Schlauchboote. Das war unsere Hauptmotivation, beim Projekt mitzumachen.

Menschen aus einem anderen Kulturkreis so intensiv kennenzulernen und sich dafür im Vorfeld verbindlich zu entscheiden, war für mich sehr spannend. Heute kann ich sagen: Es ist eine Erfahrung, die mein Leben bereichert. Trotz all der Fluchterfahrungen, die die Familie durchlebt hat, haben sie sich ihren Lebensmut bewahrt und bringen sich hier bei uns voll ein. Das finde ich einfach schön zu sehen.

Für uns als Mentor:innen sehe ich das Projekt als einen Langlauf, mit verschiedenen Etappen: Im Vorfeld gab es viel für uns zu tun, die Gruppe musste sich finden, Anträge geschrieben und die Wohnung für die Familie vorbereitet werden. Nach der Ankunft haben wir sie sehr eng im Alltag begleitet. Jetzt, nach drei, vier Monaten merkt man, dass sie immer mehr allein erledigen. Unter anderem besuchen sie einen Integrationskurs, der auf zwei Jahre angelegt ist. Ich denke, das ist in etwa auch der Zeitraum, in dem wir sie als Mentor:innen enger begleiten werden.

Meine persönliche Motivation beim Projekt mitzumachen? Es war der konkrete Wunsch, Menschen mit einem besonderen Schutzbedarf in Deutschland ein Ankommen zu ermöglichen. Wir sind ein reiches Land, wir können es uns leisten, Menschen in Not eine Lebensperspektive zu bieten. Die junge Familie zu begleiten und zu sehen, wie sie sich hier ein Leben aufbaut, finde ich sehr lohnend.

Man sollte sich bewusst sein, dass das Projekt auf mindestens ein Jahre angelegt ist. Weil man heute nicht weiß, ob man auch in einem Jahr noch ausreichend Zeit für die Familie aufbringen kann, finde ich gut, dass eine Mentorengruppe aus mindestens vier Mitgliedern besteht. Da kann im Notfall jemand die Aufgaben eines anderen übernehmen.

Hier: Andrea-Charlotte und Herbert Lechner in ihrer Küche.
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Katharina Weiser